Die Kölner Rezeption Offenbachs

Spuren Offenbachs in Köln

Wie bedeutend eine Persönlichkeit für eine Stadt ist, lässt sich immer auch an den Spuren ausmachen, die eine Stadt bewusst als Andenken setzt: Denkmäler und Gedenktafeln, Straßen- und Platzbezeichnungen, Festlichkeiten und Jubiläumsjahre – das alles, so kann bestätigt werden, trifft zu, wenn es um das Andenken Jacques Offenbachs in Köln geht. Es existiert eine Gedenktafel an der Stelle am Großen Griechenmarkt, an dem Jacques Offenbach am 20. Juni 1819 zur Welt kam. Offenbach ist sowohl eine Straße als auch ein wichtiger Platz im Herzen Kölns gewidmet. Eine Steinfigur auf dem altehrwürdigen Rathausturm ist ihm zu Ehren dort aufgestellt worden. Und täglich erklingt Offenbach‘sche Musik als Glockenspiel vom Rathausturm. Wichtige Jubiläen wurden in Köln gefeiert, so etwa in den Jahren 1969 (150. Geburtstag), 1980 (100. Todesjahr) und auch dieses Jahr 2019 (200. Geburtstag).

Mit diesem Bild vor Augen möchte man meinen, ganz Köln sei stets verrückt nach Jacques Offenbach gewesen, einem der größten Söhne Kölns. Dieses Bild mag vor allem für das diesjährige Jubiläumsjahr stimmen. Schließlich ist es der im Jahr 2015 gegründeten Kölner-Offenbach-Gesellschaft und ihren Kooperationspartnerinnen und -partnern gelungen, eine bisher unübertroffene Würdigung dieses weltberühmten Komponisten zu inszenieren, an dem sich so gut wie alle etablierten Kultureinrichtungen der Stadt und des Umlandes beteiligen und sogar zahlreiche Schulen eigene Aufführungen darbieten. Offenbach wird auf Schlössern, in Kirchen, in Cafés und Seniorenheimen gespielt. In Zeitungen, auf Plakaten und Straßenbahnen, überall findet sich das schelmisch anmutende Konterfei Offenbachs samt Bart und Nasenzwicker wieder. Kurzum: Im Jahr 2019 ist man nirgendwo vor ihm sicher.

Im Jahr 2019 allgegenwärtig in Köln: Jacques Offenbach.

Die Veranstaltungen des Offenbach-Jahres 2019 finden Sie unter https://www.yeswecancan.koeln/veranstaltungen.

Offenbach? Kennt jeder - oder?

Die Kölner-Offenbach-Gesellschaft, aber auch alle anderen am Gedenkjahr partizipierenden Parteien verfolgen vor allem ein Ziel: Offenbach muss unter den Kölnerinnen und Kölnern bekannter werden. Nun lässt sich fragen, warum in Anbetracht der zahlreichen vorhandenen Spuren, die es in Köln bereits zu Offenbach gibt, sein Bekanntheitsgrad überhaupt gefördert werden muss?!
Offenbach ist – seien wir ehrlich – weder so bekannt wie ein Beethoven noch wie ein Mozart, Wagner oder Schubert. Aber er hat es verdient, in einem Atemzuge mit diesen genannt zu werden. Dieser Ansicht waren allerdings – auch da muss man ehrlich sein – viele Kölnerinnen und Kölner lange Zeit nicht. Denn zu den oben erwähnten Maßnahmen zur Würdigung und zum Andenken Offenbachs in Köln, muss auch das noch unvollendete Lied über das Zustandekommen gesungen werden.

So existiert seit dem Jahr 1957 eine bronzene Gedenktafel am Ort seines Geburtshauses (das ursprüngliche Geburtshaus wurde im Jahr 1870 abgerissen). Diese Gedenktafel war jedoch keineswegs die erste. Bereits am 20. Juni 1920, also zum 101. Geburtstag Jacques Offenbachs, wurde dort eine Gedenktafel des Kölner Bildhauers Georg Grasegger (1873-1927) angebracht. Die in Jura-Marmor ausgeführte, 1,75 Meter lange Gedenktafel wurde aus privaten Mitteln finanziert, die bei einer Spendensammlung des Kölner Tageblattes gewonnen werden konnten. Als Spender traten vor allem der Verein „Alt-Köln“ und die „Kölner Konzertdirektion“ hervor. Nicht ohne Frust bemerkt das Kölner Tageblatt dazu in seiner Ausgabe vom 21. Juni 1920:

„Die städtische Verwaltung gab keinen Pfennig dafür her.“

Anders als in Paris, tat sich die Kölner Stadtverwaltung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sehr schwer damit, den Kölner Offenbach gebührend zu ehren. Vielmehr waren es Kenner aus Kunst und Kultur, die Offenbachs Andenken gewürdigt wissen wollten. Doch warum wurde von öffentlicher Seite eine solche Zurückhaltung geübt? Sicherlich muss der politisch-ideologisch durchdrungene Zeitgeist des 19. und frühen 20. Jahrhunderts berücksichtigt werden, um sich der Beantwortung dieser Frage zu nähern.
Schließlich darf nicht vergessen werden, dass Offenbach bereits zu seinen Lebzeiten vielfach als „Vaterlandsverräter“ verurteilt worden ist. Sein Verhalten und seine Musik galten als „undeutsch“. Hinzu trat seine jüdische Herkunft, durch die eine objektive Beurteilung von Person und Werk Offenbachs in Zeiten antisemitischer Hetze und Meinungsmache unmöglich wurde. Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus verstärkte sich diese Wirkung weiter, Kompositionen Jacques Offenbachs galten im Dritten Reich gar als verboten.
Die Rezeption Offenbachs ging in dieser Zeit somit im Wesentlichen von jüdischer Seite einher. Der Jüdische Kulturbund Rhein-Ruhr veranstaltete in diesem Sinne in den Jahren 1933/1934 mehrere Offenbach-Abende, auf denen die Musikwissenschaftlerin Anneliese Landau mit ihrem Vortrag „Offenbach und die Operette“ für das Andenken Offenbachs warb. Der Vortrag samt musikalischer Begleitung war im April 1934 auch in Köln zu hören.

Bildquelle: Galvan Ibiza
Elektronische Ressource: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gedenktafel_Geburtshaus.jpg

Die Gedenktafel wurde gestaltet von Henrik Diwan. Sie befindet sich am Großen Griechenmarkt 1.

 

HAStK Best. 1136, A 155
Elektronische Ressource: http://historischesarchivkoeln.de:8080/MetsViewer/?fileName=http%3A//historischesarchivkoeln.de%3A8080/actaproweb/mets%3Fid=E72B1CB6-CA0B-4128-8BE6-DF47B603B2F3_000240827_Orig_n_kons1_20181130110137.xml

Avers: Porträt Jacques Offenbachs mit Umschrift "né à Cologne en 1819", "mort à Paris en 1880";

Revers: Lorbeerkranz mit Umschrift "À Jacques Offenbach ses amis ses admirateurs 1880";

Medaillleur Hubert Ponscarme

Bildquelle: Wowo2008 [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)]
Elektronische Ressource: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Paris_-_Jacques_Offenbach.JPG

 

Die Bennenung des Kölner Offenbachplatzes 1957

Wie umstritten Offenbachs Vermächtnis in Köln gesehen wurde, zeigt sich in besonderer Weise an jener Diskussion, die um die Benennung des Kölner Theaterplatzes hin zum „Offenbachplatz“ geführt wurde. Aufschluss darüber gibt das Wortprotokoll der Kölner Ratsverhandlungen vom 26. September 1957, Tagesordnungspunkt 15. Doch alles der Reihe nach: Die Entscheidung über die Benennung des Offenbachplatzes war keine Entscheidung des Rates, sondern des Kölner Hauptausschusses. Der Hauptausschuss beschloss auf seiner Sitzung vom 16. Juli 1957, dass der Theaterplatz fortan Offenbachplatz heißen solle. Der Beschluss bedurfte keiner Zustimmung des Rates, es konnte in besonderen Fällen aber von diesem eine Bestätigung eingefordert werden. Auf Antrag der FDP-Fraktion wurde der Beschluss des Hauptausschusses dem Rat der Stadt Köln zur Bestätigung überwiesen.
Der Rat der Stadt bestätigte den Beschluss des Hauptausschusses letztlich mit dem rechnerisch engsten Ergebnis: 24 zu 23 Stimmen.

Doch wie kam es zu diesem knappen Abstimmungsergebnis? Zum einen gab es jene Ratsmitglieder, die sich für eine neutrale Bezeichnung wie etwa „Theaterplatz“ aussprachen. Schließlich, so die Argumentation, hätte Offenbach bereits eine Straße, die nach ihm benannt sei. Außerdem sei Offenbach zwar in Köln geboren, aber als 14-Jähriger nach Paris gegangen und er sei ein berühmter Pariser geworden. Zudem sei „nicht viel von dem lebendig geblieben, was Jacques Offenbach geschaffen hat“. Weitere Stimmen sprachen sich gegen die Benennung der Offenbachplatzes aus, weil Offenbach „nicht ganz unbestritten ist“ und die Qualität seiner Werke „bedenklich stimmen“ würde (mit Ausnahme seiner Oper Hoffmanns Erzählungen).

Quelle: Verhandlungen des Rates der Stadt Köln vom Jahre 1957, Seite 398 bis Seite 401.

Auf der anderen Seite stimmten zahlreiche Ratsmitglieder für die Benennung des Offenbachplatzes, da ihnen die neutrale Bezeichnung „Theaterplatz“ zu platt war, und Köln damit keine Individualität verliehen werden würde. Außerdem hätte Köln „nicht allzu viele Komponisten, die ihre Zeit überdauert haben.“ Zu bemerken ist hingegen bei einigen Wortbeiträgen, dass der Bezeichnung Offenbachplatz nur in Ermangelung einer geeigneten, individualisierten Alternative der Vorzug gegeben wurde. So äußerte sich etwa Oberbürgermeister Ernst Schwering, der sich zunächst für die Benennung Offenbachplatz ausgesprochen hatte:

„Ich bedauere natürlich, dass sich der große Beethoven Bonn zum Geburtsort ausgesucht hat. Hätte er das freudige Ereignis 22 Km nach Norden verlegt, wäre für uns die Sache viel einfacher“

Letztlich bestätigte der Rat der Stadt Köln die Benennung des Theatervorplatzes zwischen den Straßen Glockengasse, Herzogstraße, Streitzeuggasse und Brüderstraße als „Offenbachplatz“. Unter dem Straßennamen sollten der Vorname, die Lebensdaten und der Beruf Offenbachs vermerkt werden.

Trotz der nicht gerade ruhmvollen und mit Ressentiments gespickten Ratsverhandlung scheint das Jahr 1957 einen spürbaren Wendepunkt in der städtischen Wahrnehmung Offenbachs zu markieren. In diesem Jahr erhielt Köln nicht nur seinen „Offenbachplatz“ und erneuerte die Gedenktafel an der Stelle des Geburtshauses, sondern der Stadt gelang es zudem auch, den Grundstock für eine Sammlung Jacques Offenbach (Best. 1136) zu erwerben, die im Historischen Archiv der Stadt Köln eine neue Heimat fand. Diesem ersten Sammlungskomplex folgten bis heute noch drei weitere umfangreiche Sammlungsankäufe von Privatpersonen sowie eine Vielzahl von Einzelerwerbungen aus Auktionshäusern und Antiquariaten.

Im Jahr 1958 erhielt der Kölner Rathausturm ein neues aus insgesamt 48 bronzenen Glocken bestehendes Glockenspiel, das von den Kölner Handwerksinnungen gestiftet wurde. Seitdem erklingt täglich um 18 Uhr eine Melodie aus der Feder Offenbachs. Im Repertoire des Glockengeläutes sind vor allem die berühmten Melodien Offenbachs, etwa der Cancan aus „Orpheus in der Unterwelt“ und die Barkarole aus „Die Rheinnixen“ und „Hoffmanns Erzählungen“.

Musikalische Rezeption Offenbachs in Köln

Eine breit angelegte musikalische Rezeption der Werke Offenbachs blieb in Köln trotz vereinzelter Fürsprecher  lange Zeit eher die Ausnahme als die Regel. Beispielhaft sei hier erwähnt, dass das Gürzenich-Orchester laut seiner Chronik in der Zeit von 1888-1988 nur ein einziges Mal ein Stück Offenbachs spielte, und zwar im Rahmen eines Sonderprogramms zum Karneval am 22. Februar 1954. Gespielt wurde die Ouvertüre aus „Orpheus in der Unterwelt“.

Die Kölner Theater, allen voran das kleine Thalia-Theater in der Schildergasse, beschäftigten sich im Gegensatz dazu ein wenig mehr mit den Werken Offenbachs. Schon zu seinen Lebzeiten waren es insbesondere das Thalia-Theater, das Victoria-Theater und das Actien-Theater an der Flora gewesen, die die Bühnenwerke Offenbachs nach Köln brachten, so unter anderem am 10. Februar 1861 „Orpheus in der Unterwelt“, am 13. November 1861 „Die Verlobung bei der Laterne“ oder „Die Schöne Helena“ am 7. November 1865. Auch nach dem Tod Offenbachs gingen dort einige der Kölner Erstaufführungen, etwa zu „La Jolie Parfumeuse/Schönröschen“ (Juli 1881) oder „La Créole/Die Creolin“ (1. Oktober 1881) über die Bühne. In den 1890er Jahren nahm das Offenbach-Repertoire der Kölner Theater stetig ab. Die einzigen Bühnenwerke, die im immer wieder mal im Programm erschienen, waren „Orpheus in der Unterwelt“, „Die Verlobung bei der Laterne“ und „Lieschen und Fritzchen“. Letzteres Stück feierte seine Kölner Erstaufführung am 11. Juni 1868 im Actien-Theater. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es im Grunde nur Offenbachs Oper „Hoffmanns Erzählungen“, die sich im Standardrepertoire der Kölner Theaterlandschaft etablieren und halten konnte. Das allerdings auch sehr erfolgreich: Für den Zeitraum zwischen 1902 und 1912 war „Hoffmanns Erzählungen“ mit 71 Aufführungen auf Platz 5 der meistaufgeführten Bühnenstücke in Köln.

Ebenfalls sehr erfolgreich war in der Folgezeit Offenbachs Opéra Bouffe „Orpheus in der Unterwelt“. In der Opernstatistik der Spielzeit 1928/1929 stand Offenbachs Orpheus sogar ganz oben auf der Liste der meistbesuchten Opern in Köln. Restlos ausverkauft war in dieser Spielzeit auch Offenbachs Werk „Die Schöne Helena“, das trotz des Andrangs aber nur ein Mal aufgeführt wurde. Das Kölner Tageblatt bemerkt dazu in ihrer Ausgabe vom 9. Januar 1930:

„Der Schrecken über das volle Opernhaus muss irgendjemanden in die Glieder gefahren sein, denn nie wieder kehrte Helena, die Schnöde, Untreue zu den Kölnern zurück. Sie blieb uns verwehrt, obwohl sie, nur sie einmal das Opernhaus gefüllt hatte. Dafür wurde dann fleißig Wagner gespielt, mit Ernst und Ausdauer.“

Bei den Kölner Städtischen Bühnen wurde Offenbach unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wieder zu einem wichtigen Thema. Bereits im Jahr 1946 sollte Offenbachs Werk „Hoffmanns Erzählungen“ aufgeführt werden, weshalb sich die Generalintendanz der Bühnen an den Berliner Verlag Bote & Bock wandte, um die Aufführung zu ermöglichen. Schließlich litten die Städtischen Bühnen unter dem Totalverlust ihrer Bibliotheksbestände, was dazu führte, dass sämtliche Orchester- und Opernmaterialien von Verlagshäusern ausgeliehen werden mussten. Erstmals taucht die Ankündigung der Oper „Hoffmanns Erzählungen“ im November 1946 im Spielplan der Bühnen auf. Die Erstaufführung der von Wolfgang von Nahmer geleiteten und von Erich Bormann inszenierten Oper fand schließlich am 25. Januar 1947 in der Aula der Universität statt. Bis zum Sommer des Jahres 1947 folgten zahlreiche weitere Aufführungen. Weiterhin war für das Jahr 1949 ein Offenbach-Abend geplant, der mit mindesten drei Einaktern aus der Feder Offenbachs veranstaltet werden sollte. Der Offenbach-Abend musste jedoch abgesagt werden, da Bote & Bock nur Materialien von zwei Einaktern („Die beiden Blinden“ und „Die Insel Tulipatan“) zu liefern im Stande waren. Als dritter Einakter schwebte den Bühnen Offenbachs „Das Mädchen von Elizondo“ vor. Der Verlag verwies jedoch auf die hohe Nachfrage nach Offenbach-Stücken.

HAStK Acc. 373, A 31

Die Nachfrage nach Offenbach-Partituren stieg in den 1950er und 1960er Jahren stetig weiter an. Carl H. Hiller merkt dazu in seiner Publikation „Vom Quartermarkt zum Offenbachplatz“ (1986) an:

„Die jetzt oft gespielten Offenbach-Operetten waren nicht nur als Konzession an den Publikumsgeschmack zu sehen. Sie stellten zum einen eine Wiedergutmachung an Offenbach dar, zeigten aber vor allem die Lebendigkeit seiner Musik auf.“

Trotz zahlreicher Versuche Offenbachs Vermächtnis einer Wiedergutmachung zuzuführen, zeigte sich hier und dort die große Unsicherheit in der Wahrnehmung seiner Person, und zwar nicht nur durch die Kölnerinnen und Kölnern. Interessant gestaltete sich etwa die Überlegung der Deutschen Bundespost zu Beginn der 1960er Jahre, eine 3 DM-Briefmarke zu Jacques Offenbach – und zwar als Repräsentant des deutschen Judentums – zu veröffentlichen. Die Briefmarke erschien jedoch nie. Die Gründe dafür können zum einen darin gesehen werden, dass die Bundespost eine 3 DM Briefmarke für überflüssig erachtete. Zum anderen spielte aber auch die Diskussion eine Rolle, ob Offenbach wirklich als ein würdiger Vertreter des deutschen Judentums zu gelten habe. Schließlich sei er zwar in Köln geboren, er habe aber seine Karriere in Frankreich vorangetrieben. Außerdem konvertierte Offenbach im Jahr 1844 zum Katholizismus. Mit der Ablehnung des Motivs Jacques Offenbachs war der Kölner Komponist aber in prominenter Gesellschaft: Zuvor war das Motiv Albert Einsteins zurückgewiesen worden.

Jubiläen und Gedenkjahre

Die Versuche, dem lange Zeit vernachlässigten Vermächtnis Jacques Offenbachs doch noch die Ehre zuteilwerden zu lassen, die ihm aus musikhistorischer Sicht sicherlich gebührt, traten spätestens im Jahr 1969 noch einmal deutlich hervor. Im Jubiläumsjahr zum 150. Geburtstag präsentierte das Historische Archiv erstmals über 100 Archivalien aus seiner Sammlung zu Jacques Offenbach. Die Ausstellung fand im Opernhaus Köln statt. Gleichzeitig gab das Nachrichtenamt der Stadt Köln eine Kurzbiographie zu Offenbach heraus und der Rat der Stadt Köln stiftete noch im selben Jahr erstmals den „Jacques Offenbach-Preis“, ein Preis, der an herausragende Sängerinnen und Sänger der Kölner Oper vergeben wird. Der Preis wurde zwar bereits im Jahr 1970 wieder eingestellt, die „Freunde der Kölner Oper e.V.“ belebten ihn aber im Jahr 2005 wieder. Seitdem ist er bis heute jedes Jahr verliehen worden. Der Preis besteht aus einer Anstecknadel aus 18-karätigem Gold. Die Kölner Oper veranstaltete einen Offenbach-Abend, an dem einige seiner bekannten Einakter gespielt wurden. Darüber hinaus gab es eine Neuinszenierung der fünfaktigen Operette „Die Schöne Helena“ unter der Leitung von Jean-Louis Barrault.

Quelle: "Freunde der Kölner Oper e. V."

Die Ausstellung des Historischen Archivs der Stadt Köln wurde zunächst im Kursaalgebäude Bad Ems gezeigt (8. Juni - 17. Juni 1980), bevor sie nach Köln kam (29. August - 2. November 1980).

Noch umfangreicher gestalteten sich die Feierlichkeiten im Jahr 1980, also zum 100. Todesjahr Jacques Offenbachs. Zuvorderst erwähnt seien die zahlreichen Aufführungen dieses Jahres an der Kölner Oper. „Hoffmanns Erzählungen“ wurde am 5. Oktober erstmals in einer so genannten Kölner Fassung aufgeführt. Bereits einen Tag vorher wurde ein Tanzabend mit dem Titel „Á la Jacques“ abgehalten. Weitere Aufführungen, etwa die der einaktigen Operetten „Die beiden Blinden“ und „Ein Ehemann vor der Tür“ folgten (13. Oktober). Begleitet wurden die Aufführungen von einer Ausstellung der Kölner Oper mit dem Titel „Offenbach auf dem Kölner Theater“, die vom 5. Oktober bis zum 30. November zu sehen war. Auch das Hänneschen-Theater gedachte Offenbach mit einem von Theo Rausch inszenierten Puppenspiel „Dat Offenbach – Feß vom Greechemaat“. Das Historische Archiv der Stadt Köln erwarb im Jahr 1980 eine weitere größere Sammlung zu Offenbach und war mit der Ausstellung „Jacques Offenbach. Schauplätze eines Musikerlebens“ (Kuratorin Dr. Getrud Wegener) an den Festlichkeiten stark beteiligt. Sogar das Flughafenrestaurant Köln/Bonn veranstaltete vom 3. Bis 25. Oktober 1980 eine Ausstellung, die als „musisch-kulinarische Begegnung zwischen Köln und Paris“ beworben wurde.

Einen riesigen Erfolg konnte im Jahr 1989 wiederum das Historische Archiv vermelden: Mit der Sammlung des französischen Musikwissenschaftler Antonio de Almeida gelangte eine der umfangreichsten Konvolute an originalen Notenmanuskripten aus der Feder Offenbachs in den Besitz der Stadt. Die Erwerbung der Sammlung war nur dank großer Unterstützung der 1988 gegründeten Kulturstiftung der Länder überhaupt möglich. Umso mehr verdeutlicht dieser Kauf, dass die Stadt Köln Offenbach als Kölner und sein schriftliches Erbe als Kölner Kulturgut höchster Güte empfindet. Der Übergabe der Sammlung wurde am 15. Januar 1989 im Foyer des Opernhauses im Rahmen einer Matinee gefeiert. Bereits zwei Jahre später wurde aus dem reichhaltigen Fundus der Almeida-Autographen die in Köln im Jahr 1849 aufgeführte Oper „Marielle“ rekonstruiert und im Rahmen des Rheinischen Musikfestes des Jahres 1991 in Köln erstmals wieder aufgeführt. Die Musik wurde besorgt vom Kölner WDR Rundfunkorchester, das sich vor allem in den 1980er und 1990er Jahren zahlreichen Einaktern Offenbachs widmete und auch für das „Jacques Offenbach Festival“ im Jahr 2001 verantwortlich zeichnete.

Als in den 1980er Jahren im Rahmen einer Erneuerung der Kölner Rathausturmfiguren Vorschläge für nicht mehr lebende, nicht negativ besetzte Kölner Persönlichkeiten unterbreitet wurden, war Jacques Offenbach von Anfang an dabei. Seine Figur mit der Nummer 77 wurde vom Bildhauer Klaus Balke entworfen und von der EMI Electrola GmbH Köln gestiftet. Aufgestellt wurde sie am 14. Mai 1991 zwischen Karl Marx zu seiner Rechten und Gustav von Mevissen zu seiner Linken. Damit verknüpfte die Stadt nach dem Glockenspiel ein weiteres Element des Rathauses mit der Person Jacques Offenbachs.

Bildquelle: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Elektronische Ressource: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rathausturm_K%C3%B6ln_-_Offenbach_-_Mevissen_-_Hess_(5943-45).jpg

 

Das Offenbach-Jahr 2019

Das offizielle Logo des Kölner-Offenbach-Jahres 2019 samt seinem Motto: "Yes We CanCan".

Weitere Informationen erhalten Sie unter: https://www.koelner-offenbach-gesellschaft.org/

Seit den letzten großen Feierlichkeiten zu Ehren Jacques Offenbachs im Jahr 1980 ist viel Zeit vergangen. Vergessen wurde Offenbach aber im Grunde nie. Die Gründung der Kölner-Offenbach-Gesellschaft im Dezember 2015 ist dafür ein deutliches Zeichen. Natürlich ist die Gesellschaft vor allem deshalb gegründet worden, weil ihre Mitglieder sich einen besseren, umfangreicheren und gepflegteren Umgang mit dem Offenbach’schen Andenken wünschen. Und darin liegt der Knackpunkt: Wäre Offenbach bei den Kölnerinnen und Kölnern in Vergessenheit geraten, hätte es auch keine Kölner Offenbach-Gesellschaft gegeben. Somit macht die Gesellschaft aus sich selbst heraus das, was für das fortwährende Andenken an Offenbach überlebenswichtig ist: Sie animiert, sie klärt auf, aber, und das ist ganz wichtig, sie zwingt nicht auf. Ja, Offenbach war Kölner. Und ja, Offenbach war auch gleichzeitig Pariser. Aber er war noch so vieles mehr. Offenbach macht neugierig, das hat das bisherige Offenbach-Jahr gezeigt. Wenn sich rund 160 Schülerinnen und Schüler ins Zeug legen, um eine Revue über das Leben Offenbachs auf die Bühne zu bringen, oder sich Jazzmusiker fragen, wie sie mit der Musik Offenbachs experimentieren können, oder sich ein Pyrotechniker eine Choreographie zu seiner Musik einfallen lässt, dann kann man als neutraler Betrachter nur staunen, welche Früchte die Animation der Kölner Offenbach-Gesellschaft zu Tage fördert.

Natürlich fehlen in diesem besonderen Jahr auch nicht die „klassischen“ Veranstaltungen, die das Thema Offenbach aufnehmen. Direkt zu Jahresbeginn wurde Offenbach ein „Divertissementchen“ gewidmet. Unzählige Konzerte mit bekannten und unbekannten Stücken Offenbachs werden gegeben. Mit der „Großherzogin von Gerolstein“ wurde von der Kölner Oper eine Neuinszenierung auf die Beine gestellt. Mit „Je suis Jacques“ erhält Offenbach gar eine eigene Oper, die sich um ihn und seine Werke dreht. Es werden Konferenzen und Podiumsdiskussionen abgehalten, und in zahlreichen Radio- und Fernsehsendungen werden der Mensch Offenbach und seine Musik gewürdigt.
Mit dem Offenbach-Jahr 2019, so kann das Fazit daher nur lauten, haben die Kölnerinnen und Kölner und die Kölner-Offenbach-Gesellschaft dem großen Cellovirtuosen und Komponisten Jakob „Jacques“ Offenbach ein würdiges Denkmal gesetzt.

Titelbild zur Aufführung des Divertissementchens "Offenbach" vom 2. Februar bis zum 5. März 2019.

Illustrator Heiko Wrusch